#Datenschutz und #Online-Handel: Neues Gerichtsurteil zeigt auf, dass "Anrede" und "Geburtstag" in #Online-Formularen bei Bestellungen unsinnig sind. Unsere #Datenschutztipps:

18.11.2021

Mann mit dem Einkauf von Geschenken aus dem (Onlin

Das Urteil (Az. 10 A 502/19) des Verwaltungsgerichts Hannover ist noch nicht veröffentlicht. Doch die Informationen dazu haben es schon „in sich“. Denn hier geht es schon um zwei häufig in der Praxis vorkommende Verfahren von Online- und Offline-Shops.

Sie kennen das: Im Laufe des Bestellprozesses wird die Angabe der Anrede und des Geburtsdatums verlangt. Die Anrede nutzt man, um den Besteller:innen eine Bestellbestätigung, die Rechnung oder andere Mitteilungen mit den „üblichen“ Formulierungen, wie „sehr geehrter Herr…, sehr geehrte Frau…“ zu senden. Doch ist das in Zeiten von Anti-Diskriminierung oder Bewerbungsanzeigen die mit „(m/w/d)“ überschrieben werden und sich damit nach dem AGG, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz richten, noch korrekt?

Anreden und Geburtsdatum in Formularen zu verlangen sind aus folgenden Gründen für Online-Händler genauso schlecht wie für den Einzel- oder Großhändler vor Ort:

  1. Sie erhöhen die Hürden und die Zeit zum Ausfüllen. Damit reduzieren Sie damit die beim Onlinemarketing wichtige Conversion-Rate und das damit verbundene Conversion-Rate-Optimizing (CRO) bzw. die Zeit für das persönliche Gespräch mit dem Kunden.
  2. Es wird immer weniger gesellschaftlich anerkannt, besonders bei der jungen Zielgruppe.
  3. Das erwähnte Urteil spricht gegen ein Geburtsdatum als Pflichtfeld.

Gut zu merken: Fragen Sie Daten wie Anrede, Geburtsdatum und Vornamen immer als freiwilliges Datenbank-Feld mit ab – nicht als Pflichtfeld. Und wenn, machen Sie es wie die im Urteil betroffene Versandapotheke und bieten Sie bei der Anrede zumindest „keine Angaben“ als Auswahlfeld mit an.

Das Geburtsdatum erfahren Sie, wenn Sie das mit einer „Aufmerksamkeit“ zum Geburtstag zur Kundenpflege verbinden, im Rahmen der werblichen Einwilligung, aber niemals als Pflichtfeld, außer das zu liefernde Produkt benötigt das Geburtsdatum, weil es einer Altersbeschränkung unterliegt und – lesen Sie weiter…

Warum? Nun aus Sicht der datenschutzrechtlichen Beratung sind die Grundsätze des Art. 5 DSGVO maßgeblich und neben der Rechtmäßigkeit und Zweckbindung ist die gem. Buchstabe c in Abs. 1 des Art. 5 gebotene Datenminimierung zu beachten. D.h. die Frage, die sich jeder Händler stellen muss, ist: Was benötige ich wirklich für meinen Bestellprozess bezogen auf das Produkt bzw. die zu liefernde Leistung?

Es gibt zwar die Möglichkeit als Onlineanbieter sich auf die Interessensabwägung des Art. 6 DSGVO zu stützen und wenn keine entgegenstehende Betroffeneninteressen „überwiegen“, Doch dies zu nutzen hat das Risiko, dass man leicht die Zwecke des Bestellvorgangs mit den Zwecken der Werbung vermischt. Dann gilt das UWG, das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb, was ebenfalls Anforderungen an eine freiwillige, dokumentierte und vom Kunden jederzeit widerrufbare Einwilligung verlangt.

Doch zurück zum Fall: Darf ein Online-Shop die Angabe des Geburtsdatums verlangen?
Die zuständige, niedersächsische Aufsichtsbehörde war der Auffassung, dass die Online-Versandapotheke kein Geburtsdatum von Käufer:innen als Pflichtangabe verlangen darf. Die Versand-Apotheke hingegen hat in dem Verfahren vorgebracht, dass aufgrund der für Apotheker geltenden Berufsordnung bestimmte Beratungsobliegenheiten einzuhalten wären. Hierzu gehöre auch die Pflicht zur altersgerechten Beratung. Um diese Verpflichtung zu erfüllen, müssen entsprechende Abfragen im Bestellprozess erfolgen. Dieses Argument ist unserer Meinung nach schlecht und ein zielführenderes Argument wäre gewesen, dass man ein berechtigtes Interesse daran habe, zu erfahren, ob die Bestellerin oder der Besteller volljährig und damit voll geschäftsfähig sei und dass für eventuelle Inkassoverfahren und der dazu notwendigen Zahlungs- und Mahnungsverfolgungen das Geburtsdatum z.B. hilfreich bei der Ermittlung des Kunden wäre. So könnte die Interessensabwägung bei der Erhebung des Geburtstags sich also auf den Schutz vor Zahlungsausfällen stützen. Das hat die Online-Apotheke jedoch nicht versucht. Stattdessen hat das VG Hannover den Argumenten der klagenden Online-Versandapotheke nicht entsprochen, sondern mit dem Hinweis abgewiesen, dass in dem Online-Shop auch zahlreiche Drogerieartikel und auch Medikamente angeboten würden, für die auch keine altersspezifische Beratung erforderlich sei.

Zusammenfassung: Die Antwort auf die Frage, darf man im Bestellprozess das Geburtsdatum erheben, muss also eine andere Begründung haben. Und ein Rechtsanwalt, mit dem wir im Datenschutzrecht zusammenarbeiten, empfiehlt sich auf folgendes Urteil zu stützen:

OLG München vom 28.9. 2006, Az.: 29 U 2769/06: Die Erhebung und Verarbeitung des Geburtsdatums ist zulässig, weil bei diesem"Payback-Fall“ das Geburtsdatum ein geeignetes Kriterium zur Identifizierung von Kunden und zur Unterscheidung namensgleicher Kunden und somit auch ein geeignetes Kriterium zur Kontrolle der Einhaltung der Altersgrenze (Vollendung des 16. Lebensjahrs…) darstellt.

Und auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in denen eine Hinweis formuliert wurde, dass es ein Mindestalter für Bestellungen gibt. Deshalb sei es auch wichtig seine AGB mit einem Rechtsanwalt individuell zu erstellen und nicht per „paste & copy“ aus dem Internet zu besorgen.

Denn aus den o.a. Entscheidungen zeigt sich, die AGB’s können die Basis zur Datenverarbeitung nach der DSGVO legen, weil sie Vertragsbestandteil sind. Das ist auch ein Unterschied zu den Datenhinweisen, die die Transparenz- und Informationspflichten der DSGVO erfüllen aber nicht die Begründung für die vertraglichen Regelungen beinhalten.

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